Das verlängerte Novemberwochenende wollen wir diesmal im Pfälzer Wald verbringen. Es geht von Neustadt nach Weißenburg, übernachtet wird auf vier gebuchten Trekkingplätzen. So der Plan. Wir starten am Mittwoch.
Rock ’n‘ Roll und Feuerzangenbowle
Ich hetze von der Arbeit nach Hause und dann in den Zug, um pünktlich in Neustadt zu sein. Falk kommt aus Freiburg. In der Bäckerei am Neustädter Bahnhof gibt es noch einen Snack, dann geht es steil bergauf. Wir kennen den Weg und freuen uns schon auf die Hütte am Hohen Loog, unsere erste Einkehrmöglichkeit. Dann geht es weiter zur Kalmithütte. Als wir eintreten, kommt uns schweißig warme Luft entgegen. Natürlich Mittwoch-Nachmittag, im Pfälzerwald Seniorennachmittag, da wird bei Life-Musik gesungen und Rock ’n‘ Roll getanzt.
„Passt“ sagt Falk: „Wir gehören ja auch fast dazu“. Na zum Mitschunkeln fühle ich mich doch noch zu jung, aber witzig ist es allemal. Bevor es dunkel wird, suchen wir den Trekking-Platz. Wir sind nicht allein. Ein junger Mann hat seine Hängematte aufgebaut und sägt Holz für das Lagerfeuer. Bald brennt das Feuer hell und heiß und wir lassen den Tag mit Feuerzangenbowle, Würstchen und anderen Leckereien ausklingen. Schon jetzt ist klar: Die Trekkingtour durch den Pfälzer Wald wird eine Genießertour!
Sauerkrautsuppe und Servicewüste
Heute steht uns eine lange Etappe bevor. Der Trekkingplatz Nummer 5 Eußerthal ist unser Ziel. Gegen Mittag kehren wir in der Heldensteinhütte ein und entdecken eine Sauerkraut-Handkässuppe. Wir sind uns einig: Das müssen wir auch mal kochen. Danach geht es durch das Dörenbachtal zum Trekkingplatz Eußerthal. Unterwegs finden wir die ersten Pilze. Doch wir haben wenig Zeit, denn die Novembertage sind extrem kurz. Vor dem letzten Aufstieg zum Trekkingplatz entscheide ich mich, nochmals meine Wasserflasche zu füllen. Denn es ist bald zu spät, um die angegebene Quelle aufzusuchen. So gehe ich ins nächstgelegene Restaurant und bitte um Wasser. Die Bedienung reagiert unwillig: „Für einen Zuschlag wäre das möglich.“ Ich frage, was denn das Leitungswasser kosten würde. „Nicht das Wasser, der Service, für den Service“. Ich krame in meinen Beutel. Leider finde ich nichts Kleineres als 50 Cent. Während ich ihr das Geld gebe, denke ich: 10 Cent für die Servicewüste Deutschland hätten ebenso genügt. Oben am Trekkingplatz ist es schon fast dunkel, so begnügen wir uns mit einer Tüte Trekkingfutter und Tee. Die Pilze können wir nicht mehr säubern und essen.
Waldpilzsuppe bei Sonnenuntergang
Beim Frühstück am nächsten Tag nehmen wir uns vor: Dieses Mal werden wir früher Feierabend machen und die Pilze am Lagerfeuer kochen. Tatsächlich finden wir am dritten Tag viele unterschiedliche Waldpilze: Maronen, Hexenröhrlinge, Butterpilze, Reizker und sogar ein Austernseitling wächst zu dieser Jahreszeit schon aus einem Stamm. Wir sind begeistert. Allerdings braucht Pilze suchen Zeit und bald ist klar: Wir werden unseren Trekkingplatz in Vorderweidenthal nicht mehr erreichen. Ab 15:30 Uhr beginnt die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz. Wir finden eine Hütte mit Feuerstelle am Höllenberg bei Lug. Schnell sind wir uns einig: „Da bleiben wir.“ Hoch oben genießen wir den schönen Blick über den Pfälzer Wald. Der Herbst ist weit vorangeschritten und in der Sonne leuchten die Blätter in bunten Farben. Doch die Tage sind kurz, so widmen wir uns bald dem Lagerfeuer. Dort beenden wir den Tag mit einer ungewöhnlich schmackhaften Waldpilzsuppe.
Gegrillter Wildsaumagen und Reizkersuppe
Am folgenden Tag stehen wir zeitig auf. Diesmal wollen wir den nächsten gebuchten Trekkingplatz erreichen. Nachdem wir eine Weile durch den sonnigen Herbstwald geschlendert sind, finden wir die nächste kulinarische Überraschung: Am Waldrand bei Lindelbrunn steht ein Häuschen mit Wildspezialitäten. Zunächst stehen wir neugierig und unentschlossen davor. „Hirschpfefferbeißer und Wildschweinsaumagen mit Kastanien“, das klingt doch zu verlockend, um einfach daran vorbeizulaufen. Die Hirschpfefferbeißer essen wir gleich an Ort und Stelle. Den Wildschweinsaumagen möchten wir am Abend grillen. Natürlich halten wir jetzt wieder Ausschau nach Pilzen. Doch sie lassen lange auf sich warten. Fast haben wir es schon aufgegeben, da finden wir auf einem Waldstück Fichtenreizker. Als Falk seinen „Pilzsuchblick“ aufsetzt, haben wir in kurzer Zeit eine kleine Mahlzeit zusammen. Das Abendessen ist gesichert, wenn wir jetzt noch zeitig am Trekkingplatz Guttenberg ankommen. Wenige Stunden später sitzen wir am Lagerfeuer und genießen unser Mal: Pilzsuppe, Nudeln mit Käsesoße und gegrillten Saumagen… genial!
Parfums de Terroir: 4 Gänge und viel Wein
Der letzte Tag verläuft entspannt. Wissembourg ist das Ziel, das wir gegen Mittag erreichen. Kurzentschlossen kehren wir in ein bieder aussehendes Lokal ein, aber es erweist sich als Glücksfall. So beenden wir unsere Trekkingtour, die als einfache Herbstwanderung geplant war und sich über die Tage zu einer außergewöhnlichen kulinarischen Reise entwickelte, mit einem mehrgängigen Menü und entsprechenden Weinempfehlungen: Gemüsesuppe, Kartoffelplätzchen mit Ziegenkäse und Salat mit Weißwein, Wildschweinpfeffer mit Spätzle und lokalem Rotwein und Orangenmus mit Vanilleeis. Der abschließende Café wird mit selbst hergestellten Pralinés serviert und rundet das Mal ab. Danach sind alle Wünsche erfüllt und schon bald rollen wir in Richtung Mannheim.
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Wunderbar, liebe Anne-Claire.
Herzliche Grüße von Ingeborg