Fermé auf dem Grande Randonnée (Seealpen September/Oktober 2024 – Italien/Frankreich)

Tende
Tende

Warum Frankreich? Warum der GR52A? Nun, dazu gibt es eine Vorgeschichte. Vorgeschichten sind in der Geopolitik nicht immer beliebt, tragen jedoch zum Verständnis späterer Entscheidungen bei. So war es auch bei uns.



Am 20. Januar wanderte ich durch die Wutachschlucht, wie fast jedes Jahr im Winter. Am Bahnhof Löffingen passierte es. Wie aus heiterem Himmel fing mein Herz an zu rasen. Nur mit Mühe schaffte ich es in den Zug nach Freiburg. Dann folgten innerhalb der nächsten 4 Wochen drei Aufenthalte in der Notaufnahme der Uniklinik und anschließend 2 operative Eingriffe. Am 29. Februar eine Cavotrikuspidale Isthmus-Ablation bei Vorhofflattern am rechten Vorhof und am 24. April eine Pulmonalvenenisolation am linken Vorhof bei Vorhofflimmern.
Laut Medizinern konnte ich alles machen. Soweit die Theorie. Die Praxis sah anders aus. Ich kam nicht mal die Bahnhofstreppe hoch ohne nach drei Stufen verschnaufen zu müssen.
Damit stand fest, unsere geplante Kamtschatka-Reise im Juni mussten wir absagen. Dafür hockte ich 4 Wochen zur Reha im Allgäu.
So langsam wurde es besser, die Rhythmusstörungen traten zwar noch auf, jedoch nicht mehr als flattern oder flimmern eher als eine Art stolpern. Damit musste ich wohl leben und sollte Risikofaktoren wie beispielsweise Stress vermeiden. Fast drei Jahre Dauerstress zwischen 2020 und 2022 konnten auch nicht gesund sein!

Der lange Weg in die Berge

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Erst am Abend hört es auf zu regnen.

Wir schmiedeten neue Pläne und Anne schlug eine Wanderung in den Seealpen vor. Sie kannte die Gegend und wanderte auch schon ein Stück auf dem GR52A, dem Panoramaweg um den Nationalpark Mercantour – „Le Sentier panoramique du Mercantour“. Der Vorteil dieses Weges bestand darin, dass wir täglich durch Ortschaften laufen würden. Sollte es also Schwierigkeiten mit meiner Pumpe geben, konnten wir die Wanderung jederzeit abbrechen.
So ging es am 7. September mit der Bahn von Mannheim nach Paris. Vier Wochen hatten wir Zeit den französischen Charme der Alpes-Maritimes kennenzulernen.

Wir erreichten pünktlich den Bahnhof Gare de l’Est, unser Zug nach Nizza fuhr aber vom Bahnhof Gare de Lyon ab. So hieß es mit der Metro Linie 4 Richtung Bagneux bis zur Station Châtelet fahren und von da mit der Metro Linie 14 Richtung Aéroport d’Orly zum Gare de Lyon. Wer in die U-Bahn will muss in Paris durch zwei Türen gehen. Zumindest bei den beiden Linien mit denen wir fuhren. Durch den gesamten Haltebereich ziehen sich Trennwände mit automatischen Türen zwischen Bahnsteig und Zug, der übrigens auch vollautomatisch unterwegs ist.
Bis unser TGV nach Nizza fuhr hatten wir noch etwas Zeit. Auch zum Zug gelangten wir nur durch eine Absperrung mit einem Bahnangestellten, der die Reservierungen kontrollierte. Pünktlich ging es los ohne Zwischenstopp bis Marseilles. Dann passte sich die SNCF (Société Nationale des Chemins de fer Français) der Deutschen Bahn an und erreichte mit einer halben Stunde Verspätung Nice Ville…
Das Hotel hatten wir zum Glück bereits in Deutschland gebucht, denn es war komplett ausgebucht. Anne schnappte sich einen Stadtplan an der Rezeption und als unsere Rucksäcke im Zimmer verstaut waren, bummelten wir ein wenig durch Nizza. Dummerweise deckten sich die Straßennamen auf der Karte nicht mit denen in der Realität. Nach einer Zeit des Umherirrens merkten wir schließlich, dass wir einen Stadtplan von Cannes in den Händen hielten… Immerhin fanden wir noch eine Bar für einen Aperol und ein Bierchen.

Am nächsten Morgen wollten wir mit der Bahn in die Berge. Von Nizza sollte ein Zug nach Tende fahren, doch auch hier war die Realität eine andere, es fuhr nur ein Zug von Ventimiglia nach Tende und Ventimiglia liegt in Italien. Da es noch früh am Morgen war und der Fahrkartenschalter noch nicht besetzt, mussten wir den Automaten bemühen und der spuckte nur ein Ticket bis Ventimiglia aus. Das Anschlussticket mussten wir vermutlich dort kaufen.
Am Bahnsteig drängelten die Leute als der Zug einfuhr. Ein fetter Typ schräg hinter mir schubste mich fortwährend leicht an. Nach dreimal Schubsen realisierte ich, dass jemand hinter mir an meiner Gesäßtasche herumfummelte. Ich schubste zurück und griff zur Tasche, der Reisverschluss war schon halb offen. Die Ganoven wollten mich doch tatsächlich beklauen. Da hatte ich nochmal Glück gehabt…
In Ventimiglia dann die nächste Überraschung. Der Typ am Schalter grinste und meinte nur: „Treni in sciopero“. Die Bahn streikt heute. Nach Tende würden wir erst morgen kommen. Da es eh nach Regen aussah, war es auch egal. Wir kauften schon mal zwei Fahrkarten für den nächsten Tag und gingen anschließend auf Hotelsuche. Das nächste Hotel unweit vom Bahnhof hieß Posta, wir buchten.
Es regnete mittlerweile wie wild. Auf den Gehsteigen boten Afrikaner Regenschirme an. „No good“ kommentierte einer meine Regenjacke. Einen Schirm kaufte ich trotzdem nicht…
Im Restaurant „La Grotta“ gab’s Mittagessen, Calamaretti Grigliati (gegrillte Tintenfischchen, 20 EUR) und Linguine Scoglio (Nudeln mit Meeresfrüchten, 16 EUR) dazu einen Insalata Capitano (10 EUR) immerhin waren wir am Meer. Anne wählte dazu ein Glas Vino Bianco, ich zwei Birra Media.

Da der GR52A im Col de Tende (italienisch Colle di Tenda) beginnt, überlegten wir uns, nicht in Tende zu starten wie ursprünglich geplant, sondern in Limonetto auf der italienischen Seite. Dazu mussten wir mit der Bahn bis Limone fahren, in den Ort wo unsere Wanderung auf der GTA 2020 endete. Von dort sollte ein Bus nach Limonetto fahren.
Pünktlich um 10:39 Uhr ging es los. Der Zug in Richtung Cuneo war recht voll. In Breil-sur-Roya erreichten wir den ersten französischen Bahnhof. Hier werden wir in einigen Tagen erneut präsent sein, denn der GR52A führt durch den Ort. Hinter Vievola geht es unter dem Hauptkamm der Ligurischen Alpen hindurch, wieder auf italienisches Gebiet. Nach zahlreichen Schleifen und Tunneln erreichten wir 12:46 Uhr Limone.
Vor dem Bahnhof stand ein Minibus, daneben ein Auto, davor ein Hund. Aus dem Auto schaute eine Frau, wie sich bald herausstellte war sie die Busfahrerin. Um 14:30 Uhr würde sie nach Limonetto fahren. Wir hatten also noch genug Zeit für eine Einkehr. Passend zu unserem Tagesziel bestellte ich einen Salat „Colle di Tenda“. Anne blieb bei einem „Hamburger“.
Die Busfahrt dauerte etwa 20 Minuten. Wir wurden am Beginn des Wanderweges abgesetzt. Nun begann der Ernst des Lebens. Mit einem etwa 15 Kilo schweren Rucksack auf dem Buckel war ich in diesem Jahr noch nicht gewandert. Entsprechend mühsam gestaltete sich der Aufstieg. Meter um Meter quälte ich mich bergauf. Anne lief vorne weg. Ich hatte mir vorgenommen mindestens jede Stunde eine längere Pause einzulegen. Nach 1,5 km und 200 Höhenmetern war es dann soweit. Unter einer Gruppe Fichten hockten wir uns in den Schatten und Anne entdeckte die ersten Speisepilze auf unserer Wanderung – Fichtenreizker. Wir nahmen sie aber nicht mit.
Ab jetzt folgte der steile Abschnitt unseres Weges. Mitten durch eine Kuhherde, die am Berghang weidete ging es in Serpentinen aufwärts. Endlich, nach 2 ¼ Stunden erreichten wir die Passhöhe auf 1871 m und somit die Grenze zwischen Italien und Frankreich. Über den Pass führt eine Straße, die für den öffentlichen Verkehr gesperrt ist. Das hält Quad- Motorrad- und Fahrradfahrer jedoch nicht davon ab die Überfahrt zu benutzen. Entsprechend viel Verkehr tummelte sich auf der Passstraße.
Nun war es an der Zeit einen Platz zum Biwakieren zu finden. Der GR52A beginnt etwas östlich des Passes in der Nähe der alten Festungen, die hier im 19. Jahrhundert von Italienern errichtet wurden. Wir schnappten unsere Rucksäcke auf der Suche nach einem ruhigen windgeschützten Platz für unser Zelt. Neben der Ruine des alten Gebäudes der ehemaligen Standseilbahn unterhalb der Festung Forte di Colle Alto (oder Forte Centrale) fanden wir was wir suchten. Leider gab es kein Wasser aber unser Vorrat reichte heute noch. Tee schlürfend und den Monte Viso am Horizont im Blick, ließen wir den ersten Wandertag ausklingen. Morgen würde dann die erste Etappe auf dem Grande Randonnée beginnen.

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Über die Bahnbrücke im Roya-Tal fahren zurzeit nur Züge aus Italien.

Die Nacht war sternenklar, was zwar schön anzusehen war, mir aber keinen gescheiten Schlafkomfort bescherte. Mein Schlafsack war wie ich in die Jahre gekommen und hatte so seine Wehwehchen oder besser im oberen Teil so gut wie keine Daunenfüllung mehr. Ich hoffte er würde auf dieser Tour noch ausreichen.
Am Morgen brachen wir auf bei strahlend blauem Himmel. Im Westen zeigte sich der Pass, von dem wir 2020 nach Limonetto abgestiegen sind. Nun ging es in die andere Richtung. Der erste Wegweiser mit der Aufschrift GR52A erschien, wir waren in Frankreich. Ein breiter Saumweg zieht sich am Hang entlang, bald sprudelte rechter Hand eine Quelle aus dem Berg, Zeit die Wasserflaschen zu füllen. Wieder tauchten alte Festungsruinen auf, das Fort Tabourde, 1883 erbaut. Es war ein guter Platz um eine ausgiebige Frühstückspause zu machen. Wir hatten ja nun genug Wasser für den Morgenkaffee. Mit 1970 m hatten wir hier auch den höchsten Punkt für heute erreicht. Ab jetzt ging es nur noch abwärts.
Bis zur Baisse de Lagouna, einer Bergwiese, führte der Weg meist durch Wald mit Ausblicken auf die umliegenden Berge und Felsformationen. Danach ging es fast nur noch durch Bergwald. Am Wegesrand wuchsen viele Täublinge aber auch Goldröhrlinge. Eidechsen huschten über warmes Geröll, dazwischen wuchsen Bohnenkraut, Lavendel oder Oregano.
Kurz vor unserem Ziel gab der Wald die Sicht frei ins Tal der Roya mit der Ortschaft Tende, doch noch waren wir nicht da. Ein steiler steiniger Abstieg folgte hinunter in den Ort. Die Sonne brannte, trotzdem fand ich den Abstieg nicht so anstrengend wie den Aufstieg gestern zum Pass. Anne war da anderer Meinung. Laut Wanderkarte gab es in der Nähe des Wanderweges im Tal des Réfréi, einem Nebenfluss der Roya, einen Campingplatz. Wir liefen also nicht nach rechts in Richtung Tende sondern folgten dem Fluss stromauf.
Der Campingplatz „Saint Jaques“ existierte, nur an einer halbgeöffneten Straßenabsperrung hing ein Pappschild auf dem stand „Fermé“ – Geschlossen. Trotzdem standen ein paar Wohnmobile auf dem Platz. Wir ignorierten das Schild und schauten uns auf dem Campingplatz um. Das Zeltareal befand sich etwas abseits.
Auf einem Stück Wiese bauten wir schließlich unser Zelt auf. Falls jemand kam, mussten wir uns halt was anderes überlegen… Verschwitzt wie wir waren, lockte förmlich das Wasser des Réfréi für ein Flussbad. Und einer Abkühlung von außen, folgte eine von Innen. In der Boulangerie Pâtisserie des Merveilles (Bäckerei-Konditorei der Wunder) konnte ich zu einem Éclair au chocolat (früher bekannt als Liebesknochen) nicht nein sagen. Anne stand auf etwas Herzhaftes. Vorm Hôtel du Centre ließen wir es uns bei Bier und Schweppes gut gehen. Gegenüber befindet sich die Bushaltestelle. Der Bus Nummer 25 fährt mehrmals am Tag nach Menton.
Morgen wollten wir uns das Museum (Musée des Merveilles) anschauen, heute hatte es geschlossen. Dafür war die Touristeninformation offen. Dort erfuhren wir, dass der Bus Nummer 23 vom Bahnhof Tende zum Lac des Mesches fuhr. Von da wanderte Anne vor vielen Jahren ins Tal der Wunder (Vallée des Merveilles). Einem archäologischen Schutzgebiet am Mont Bégo. Das wäre ein Ziel für übermorgen.
Zurück am Zeltplatz. Die Rezeption war jetzt besetzt, doch der junge Mann gab uns das gleiche zu verstehen wie auf dem Pappschild an der Einfahrt – Fermé. Wir blieben trotzdem, da es niemanden zu interessieren schien.

Das Aufstehen am Morgen war eine Tortur, ich spürte jeden Beinmuskel. Anne ging es ähnlich. Wir standen sichtlich nicht mehr im Training. Der Bäcker hatte heute geschlossen! Wie konnte ein Bäcker am Mittwoch geschlossen sein? Ich musste auf mein Schoko-Éclair verzichten. Stattdessen gab es Käse, Schinken und Wurst auf dem Bauernmarkt. Der Verkäufer, ein Italiener, ließ uns von jedem Stück eine Kostprobe zukommen, da brauchten wir kein Mittagessen mehr.
Auf dem Weg zum Museum kamen wir immer wieder an Plakaten und Transparenten vorbei, die gegen eine Stilllegung der Tenda-Bahn protestierten. „Pas de tunnel, pas de train, le commerce s’éteint“, stand drauf. Gab es da Pläne? Fuhr aus dem Grund keine Bahn mehr von Nizza nach Tende?
Der Eintritt ins Museum war frei, wir mussten nur unsere Herkunft preisgeben. Hier erfuhren wir, dass es im Oktober 2020 eine Hochwasserkatastrophe im Tal der Roya gab. Die Roya und auch die Flüsse in den Nachbartälern führten ein Jahrtausendhochwasser. Straßen, die Eisbahn und viele Häuser wurden zerstört, Die Strom- und Wasserversorgung der Gemeinden brach zusammen. Es gab Tote und Vermisste. Nun war auch klar weshalb so viele Arbeiter mit schwerem Gerät am Fluss arbeiteten. Im allgegenwärtigen Corona-Wahn hatten wir damals nichts davon mitbekommen. Die Hauptausstellung widmete sich jedoch den Felszeichnungen aus der frühen Bronzezeit, die im Vallée des Merveilles entdeckt wurden.
Unser geschlossener Campingplatz war recht belebt als wir vorm Zelt Mittagspause machten. Eine Gruppe belgischer Endurofahrer suchten einen Trail, der hier irgendwo beginnen sollte. Hinter uns am Hang begann lediglich der Evakuierungsweg für den Campingplatz. Als die Biker erfolglos davonfuhren, kam ein einzelner Motorradfahrer, der seine Gruppe suchte… Wir erfuhren von ihm, dass es im Nachbarort La Brigue einen tollen Campingplatz geben sollte.
Ein Bummel durch die Altstadt von Tende am Nachmittag überzeugte mich, dass ich hier ungern wohnen würde. Ständig führte irgendeine Gasse steil bergauf. Was mein Muskelkater gar nicht toll fand. Am Abend fing es an zu nieseln. Wir entschieden uns morgen nicht mit dem Bus zum Lac des Mesches zu fahren, sondern nach La Brigue, dem nächsten Etappenziel auf dem GR52A zu laufen. Von dort konnten wir immer noch ins Tal der Wunder gehen.

Zu den Brigasque

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Es geht auf einem Saumweg über den Col de Boselia (5 km, 250 Hm bergauf, 330 Hm bergab).

Nach La Brigue wählten wir einen anderen Weg als den offiziellen GR52A, da Letzterer ein großes Stück nahe der Hauptstraße durchs Roya-Tal führte. Interessanter schien der Weg über den Col de Boselia (5 km, 250 Hm bergauf, 330 Hm bergab).
Der erste Abschnitt war recht steil. Der Wanderweg begann gleich hinter unserem Zeltplatz auf dem Fluchtweg vom Campingplatz. Es ging auf einem schmalen Pfad durch den Wald bis auf etwa 1100 m. Der Wald wich zurück und auf einem Schotterpfad wanderten wir auf einer Höhe mit Blick tief hinab ins Tal der Roya.
Nun lief der Pfad auf konstanter Höhe bis zum Col de Boselia auf 1111 m. Ein paar Wohn- und Bienenhäuser waren die ersten Hinweise, dass es wieder in besiedeltes Gebiet ging. Es folgte ein steiler Abstieg auf schmalem Pfad ins Tal der Lévensa, einem Nebenfluss der Roya. La Brigue liegt nicht direkt im Roya-Tal. Auf dem Abstieg begegneten uns eine Gruppe Insektensammler mit Netzkeschern. Ein Helikopter holte lärmend Baumaterial vom Parkplatz an der Brücke, die über den Fluss führte und verschwand am gegenüberliegenden Hang. Hinter der Brücke wies ein Schild bereits zu dem Campingplatz, den der Belgier so lobend erwähnt hatte.
Der „Camping le Pra Reound“ oder „Paradis Camping“ war von Mai bis Oktober geöffnet und pro Person kostete die Übernachtung 8 Euro. Ein älterer Herr mit einem Elektromobil zeigte uns einen Platz für unser Zelt. Wir sollten unter einer Überdachung aufbauen, da es am Abend noch regnen würde. Außerdem pries Monsieur sein Schwimmbecken in der Lévensa an. Der Bach war durch einen Steinwall aufgestaut und wer wollte und den Mut dazu aufbrachte konnte in den smaragdgrünen Wasser tatsächlich schwimmen. Die Sanitäreinrichtungen waren gepflegt und warm und für jeden Camper gab es einen Tisch und Stühle.
Wir bauten unser Zelt auf. Dann war einkaufen und ein Stadtbummel angesagt. In der Épicerie, dem Lebensmittelladen gab es auf besondere Empfehlung des Verkäufers Bergkäse – Est bon! Noch ein Stück harte Wurst und ein Baguette, dann waren wir zufrieden.
An vielen Häusern hingen alte Fotos mit kurzen Erläuterungen. So erfuhren wir, das im Gebiet um La Brigue eine Minderheit lebt – die Brigasque. Sie sprechen einen eigenen Dialekt. Das Gebiet mit den umliegenden Dörfern in Frankreich und Italien heißt La Terre Brigasque (Terra brigasca).
Die Auberge Saint Martin am gleichnamigen Platz warb auf ihrer Speisekarte nicht nur mit lokalen Spezialitäten sondern auch mit „WiFi gratuit“, also kostenlosem WLAN. Ein Grund für uns einzukehren. Anne versuchte eine Internetverbindung herzustellen doch erfolglos. Erst der Kellner brachte Licht ins Dunkel – „today broken“. Ich war mir sicher das WLAN war nicht nur heute „broken“ sondern auch morgen, übermorgen usw…
Wir blieben trotzdem. Mit Rind und Schwein im Magen sowie 65 Euro weniger in der Kasse ging es zurück auf dem Campingplatz. Wir mussten doch das Schwimmbecken testen. Nach dem zweiten Versuch und elegantem hineingleiten, schaffte sogar ich es bis zum Bauchnabel im Wasser zu stehen…
Es fing an zu nieseln, Zeit sich ins Zelt zurückzuziehen. Aus dem Nieselregen entwickelte sich ein Gewitterschauer, der unseren Zeltboden durchnässte. Es war höchste Zeit ein neues zu kaufen.

Im Tal der Wunder

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Nach rund 5,5 km zweigt von der Schotterpiste ein Pfad ab. Beide Wege führen zur Refuge des Merveilles auf 2130 m.

Unser Vorsatz ein neues Zelt zu kaufen wurde am nächsten Morgen regelrecht zementiert. Anne suchte während des Morgenkaffees unsere Mülltüte. Am Fußende unter dem Schlafsack tauchte sie endlich auf und unter der Mülltüte tauchten mehrere Löcher im Zeltboden auf. Unter anderem enthielt der Abfall die Käsereste von gestern Abend. Auch die Mäuse fanden der Käse – est bon!

Heute wollten wir zum Lac des Mesches. Der Bus fuhr um 11:20 Uhr vom Place de Nice.
Auf engen Serpentinen schraubte sich der Bus hinauf in die Berge. Es dauerte eine halbe Stunde und wir standen ca. 600 m höher. Vom See führt eine breite Schotterpiste in Richtung Tal der Wunder. Bald zeigte sich der nächste Stausee, der Lac de la Minière. Von hier sah man direkt zum Mont Bégo (2872 m), dem heiligen Berg der Gallier. Ein Stück hinter dem See pausierten wir. Ein Wanderpärchen setzte sich ein Stück weiter oben hin. Die Frau deutete in eine Richtung. Wir folgten ihrem Fingerzeig. Im Geäst der Bäume flatterte ein Schwarzspecht.
Nach rund 5,5 km zweigt von der Schotterpiste ein Pfad ab. Beide Wege führen zur Refuge des Merveilles auf 2130 m, unserem heutigen Etappenziel. Wir wählten den Pfad. Die Schutzhütte liegt am Stausee Lac Long Supérieur. Laut Wanderkarte gab es von da einen Weg auf den Gipfel des Mont Bégo. Eine Besteigung des Mont Bégo geisterte mir im Kopf herum.
Ab etwa 2000 m lichtete sich der Wald. Zwischen den Bäumen weideten Schafe. Ein Stück weiter tauchten mehrere kleine Seen auf und bald erreichten wir die Schutzhütte. In der Hütte war mächtig Betrieb, wie Hühner auf der Stange hockten die Bergwanderer auf den Bänken im Hauptraum der Hütte. Draußen blies ein eisiger Wind. Die umliegenden Gipfel waren weiß überzuckert. Der gestrige Regen muss hier als Schnee gefallen sein. Bei der Kälte hatte ich nicht mal Lust auf ein Bierchen. Schilder vor der Hütte mit der Aufschrift „Aire de bivouac“ (Biwakareal) gaben die Richtung an, der wir folgten.
Oberhab der Hütte stand schon ein Zelt, windgeschützt zwischen den Felsen. Das Biwakgelände war recht weiträumig aber leider gab es keinen vernünftigen Platz der einigermaßen windgeschützt war. So bauten wir unser Zelt auf einer halbwegs ebenen Stelle auf und hofften, dass es nicht zu sehr blasen würde…
Bald gesellten sich weitere Wanderer zu uns. Unsere direkten Nachbarn waren zwei Belgierinnen. Sie hatten ihr Abendessen auf der Hütte reserviert, wir kochten Nudeln mit Speck und Spinat.

Die Nacht war windig und lausig kalt. Noch nie hatte ich dermaßen gefroren in meinem Schlafsack. Das war ein deutliches Zeichen, dass wir nicht nur ein neues Zelt brauchten, ich brauchte auch einen neuen Schlafsack. Das Knattern der Zeltwand bei jeder Windböe ließ mich kaum ein Auge zumachen. Auch der harte Boden tat sein Übriges, ich hatte das Gefühl bei jeder Bewegung meine Faszien zu malträtieren (neue Isomatte also auch). Die Pfützen am Boden waren gefroren, es hatte also Minusgrade. Die Belgierinnen waren schlauer, sie hatten sich in der Hütte Decken geliehen.
Als wir unsere Rucksäcke gepackt hatten und los wollten fragte uns eine Dame, ob wir die Story des Vallée des Merveilles kannten. Was für eine Story? Anne wollte wissen, ob die Dame Journalistin wäre. Doch sie stellte sich als Angestellte des Nationalparks Mercantour vor. Und mit Story war die Geschichte des Wundertals gemeint, also History…
Im Prinzip ging es darum, dass sie unsere Stöcke nicht mochte. Trekkingstöcke mit Stahlspitzen seien im Schutzgebiet verboten, so die Dame. Nur Stöcke mit Gummikappen dürfe man benutzen. Genial! Da sollte ich nun Herz- und Knieschäden auf mich nehmen, nur weil einst halbwilde Gämsenjäger Männekens in den Fels geritzt hatten. Das zu einer Zeit als die Pyramiden in Ägypten schon zu bröckeln begannen…
Nun gut, Anne steckte ihre Schutzkappen auf die Stockspitzen ich schnallte meine Stöcke an den Rucksack und auf ging es tief hinein in die Geschichte der Menschheit zur protohistorischen Epoche. Schon bald wiesen Infosäulen auf die Felszeichnungen hin. Angeblich stellten die Bilder einen Beweis der Sesshaftwerdung dar. Für mich war es lediglich ein Ort, den die Typen damals geil fanden…
Immerhin hatten sie sich sogar mit ihren Namen verewigt: Antonia, Gomez… Aha deswegen keine Stahlspitzen an den Trekkingstöcken!
Landschaftlich ist das Tal recht reizvoll. Am Lac des Merveilles machten wir eine Teepause. Dann folgte der Anstieg hinauf zur Baisse de Valmasque (2549 m). Dazu packte ich meine Stöcke wieder aus. Es wurde der höchste Punkt unserer gesamten Wanderung. Im Pass, Sattel, Senke was auch immer (keine Ahnung wie das Wort „baisse“ korrekt übersetzt wird) lagen noch Schneereste. Von hier bot sich ein phantastischer Blick zum Lac du Basto, zum Kamm des Mont Bégo und auch ins Tal der Wunder. Die Idee von hier zum Mont Bégo aufzusteigen hatte ich schon unten verworfen. Erstens war der Weg teilweise vereist und zweitens hatte ich einfach noch nicht die Kondition von früher. So machten wir eine ausgiebige Vesperpause. Ein Wanderpaar aus der Schweiz gesellte sich zu uns. Die Beiden hatten auf der Merveilles-Schutzhütte übernachtet.
Als „very basic“, kommentierte die Dame den Zustand der Hütte. Sie mussten gestern bis 20 Uhr in der Kälte hocken, ehe sie die warmen Unterkünfte beziehen durften. Der Grund war eine Theateraufführung…
Unten am Lac du Basto grasten Gämsen. Auch wir setzten die Rucksäcke ab, holten den Kocher raus, kochten Kaffee und legten uns ins Gras. Der See ist der erste von drei Stauseen hier im oberen Valmasque-Tal. Es folgten Le Lac Noir und Le Lac Vert. Am Ende des letzten Sees befindet sich die Schutzhütte Refuge de Valmasque. Ein Schild kurz vor der Hütte bezeichnete den Weg als „Sentier délicat“ – als schwierig also. Wirklich schwer war es aber nicht, ein bisschen kraxeln im Fels und wir standen am Ziel. Eigentlich wollten wir hier wieder biwakieren. Leider gab es an der Hütte kein so ausgiebiges Gelände zum biwakieren wie an der Refuge des Merveilles.
Die Hüttendame zeigte uns ein Stück Wiese hinter einem Weidezaun. Doch als wir grade unser Zelt aufbauen wollten, hätte eine plötzliche Böe das Zelt fast in den Stausee befördert.
Wir packten alles wieder in den Rucksack und verließen den Platz. Vielleicht würde sich weiter unten im Tal eine geeignetere Stelle zum biwakieren finden. In Frankreich darf man von 19:00 Uhr bis 9:00 Uhr biwakieren. Ausgenommen sind besondere Schutzgebiete.
Unterhalb eines Wasserfalls im Wald wurden wir fündig. Weiches Gras, windgeschützt und eben, was wollten wir mehr! Die Zeit bis zum Check-in (19 Uhr) verbrachten wir mit der Zubereitung von Chili-Nudeln mit Spinat und Tee kochen.

Wir checkten aus, pünktlich um 9 Uhr. Der Abstieg war angenehm, es ging durch Bergwald mit vielen Lärchen. An einigen wuchsen orangerote Pilze, die ich nicht kannte. Nach knapp 2 Stunden erreichten wir eine Asphaltstraße der wir etwa ½ Stunde bis nach Casterino folgten. Gleich am Ortseingang lud die Auberge Sainte-Marie-Madeleine zur Einkehr ein. Für 85 Euro hätten wir hier auch übernachten können, doch wir beließen es bei einem Schinken-Käse-Sandwich für 8,50 Euro. Der Ort war uns zu touristisch. Die Dame von der Bedienung sprach perfekt deutsch. Sie hatte 17 Jahre in Ludwigshafen gearbeitet. Von ihr erfuhren wir, dass die Bahnstrecke Nizza – Breil-sur-Roya erneuert wird und deshalb zurzeit keine Züge fahren. Mit dem Hochwasser vom Herbst 2020 hatte das also nichts zu tun.
Bis zur Bushaltestelle waren es nur ein paar Minuten. Das Warten auf den Bus dauerte dagegen über eine ½ Stunde. Zum Glück hatten wir jemanden mit dem wir uns unterhalten konnten. Die zwei Belgierinnen vom ersten Abend an der Merveilles-Schutzhütte warteten auch auf den Bus. Sie wollten nach Tende, wir zurück nach La Brigue. Der Bus hatte unterwegs eine Panne, kam schließlich doch noch. In Saint-Dalmas-de-Tende mussten wir umsteigen, brauchten aufgrund der Verspätung aber nur 15 Minuten auf den Anschlussbus nach La Brigue warten.
Zurück am Campingplatz hieß es Akkus aufladen, warm duschen und Wäsche waschen. Heute war Sonntag und somit konnten wir nichts einkaufen. Leider hatte der Lebensmittelladen auch Montag geschlossen – fermé, das hieß wir mussten noch eine Nacht bleiben. Geöffnet hatte dagegen das Haus der Wunder (La Casa des Merveilles), eine Art Bio-Laden mit lokalen Produkten im oberen Preissegment und Restaurantbetrieb. Bei einer Schinken-Käse-Platte im Garten des Wunderhauses überlegten wir, wie wir den morgigen Tag am sinnvollsten verbringen konnten. Die Kapelle Notre-Dame-des-Fontaines empfahl Annes Wanderführer. Genannt wurde das Gotteshaus auch die „Sixtinische Kapelle der Alpen“, das hörte sich interessant an.

Notre-Dame-des-Fontaines

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Genannt wurde das Gotteshaus auch die „Sixtinische Kapelle der Alpen“.

Morgenrot, schlecht Wetter droht. Und der Morgen begann mit einem roten Schein am Himmel. Doch unser Campingplatz-Monsieur wischte unsere Sorgen mit einem „Soleile arrivé“ hinweg. Mit der Regenprognose vor 4 Tagen lag er auch richtig, also glaubten wir ihm und machten uns auf den Weg zur Kapelle.
Nach ein paar Minuten kam uns ein Mann entgegen. „La chapelle – fermé“ verstanden wir. Die Kapelle wäre heute geschlossen. Schon wieder dieses „fermé“ immer höre ich „fermé“! Hatte in Frankreich eigentlich irgendwas mal geöffnet? Wir liefen trotzdem weiter. Eine Wanderung konnte nicht schaden. Nur ein paar Meter weiter bastelten Arbeiter an einer neuen Brücke über ein ausgetrocknetes Bachbett. Wir sollten seitlich vorbei laufen. Jetzt war mir auch klar was der Helikopter bei unserer Ankunft in La Brigue transportiert hatte, Material für den Brückenbau.
Vorbei an einer alten Kalkbrennerei ging es in Serpentinen den Hang hinauf. Am Stamm einer Edelkastanie wuchsen Leberreischlinge. Nach einer Weile leuchteten Pfifferlinge am Boden außerdem Goldröhrlinge und weitere Schmierröhrlinge (vermutlich: Suillus mediterraneensis), unserem Butterpilz recht ähnlich.
Mittlerweile hatte sich die Sonne tatsächlich durchgesetzt. Der gesamte Weg war bis jetzt ein Naturlehrpfad. Immer wieder tauchten Lehrtafeln am Wegesrand auf: Blaireau – Dachs, Renard – Fuchs, Sanglier – Wildschwein usw. Lézards – Eidechsen sahen wir sogar in echt, schöne große Smaragdeidechsen huschten über die Steine. Nach 1 ¾ Stunden erreichten wir die Kapelle, und sie war nicht geschlossen. 4 Euro pro Person kostete der Eintritt.
Wo jetzt die Kapelle steht, befand sich bereits in vorchristlicher Zeit ein heiliger Ort an dem 7 Quellen entsprangen. Als diese eines Tages versiegten beteten die Dorfbewohner zur Heiligen Jungfrau Maria bis die Quellen wieder sprudelten. Aus Dank bauten die Menschen im 12. und 14. Jahrhundert die Kapelle zu Ehren der Jungfrau Maria – Unserer lieben Frau von den Brunnen (Notre-Dame-des-Fontaines).
Im 15. Jahrhundert wurden die Gemälde an den Wänden von zwei piemontesischen Malern vervollständigt: Giovanni Baleison malte die im Chor und Giovanni Canavesio die im Kirchenschiff. Die Gemälde wurden nie restauriert.
Um nur einige zu nennen: Die Bildgeschichten beginnen über dem Altar mit der Geburt Marias über die Geburt Jesus und gehen auf die Seitenwände über mit dem Einzug Jesus in Jerusalem, dem Abendmahl, der Ergreifung Jesus, der Leidensweg Christi bis hin zur Kreuzigung und Auferstehung sowie den Abstieg der Sünder in die Vorhölle. Über dem Eingang thront das Jüngste Gericht.
Um nicht den selben Weg wieder zurückzulaufen, fanden wir auf der Karte eine Alternative. An der Kapelle vorbei ging es über eine Forststraße in den Gemeindewald von La Brigue. Nach etwa 3 km zweigte ein zugewachsener Forstweg rechts ab. Auf meinem GPS fehlte dieser Weg. Wir folgten ihm trotzdem. Wir waren etwa 1 km unterwegs da hörte der Weg plötzlich mitten im Unterholz auf. Rund 50 Höhenmeter über uns erschien ein Wanderpfad auf meinem Gerät, also kämpften wir uns querfeldein den Berg hinauf bis wir auf dem Pfad standen. Mein Reha-Arzt sagte noch, dass ich Stress vermeiden solle…
Ab jetzt ging es nur noch abwärts in Richtung La Brigue. Am Wegesrand wuchsen wieder Pilze. Diesmal waren es Reizker. Allerdings eine Art, die ich von daheim nicht kannte. Die Milch war nicht so orange wie bei unseren Edel-, Fichten- oder Lachsreizkern sondern dunkelrot wie ein Spätburgunder Rotwein. Später recherchierte ich den Namen, es handelte sich um den Weinroten Kiefern-Reizker (Lactarius sanguifluus). Bis dahin nannte ich den Pilz „Franzosenreizker“…
Am Haus der Wunder konnten wir nicht einfach vorbeilaufen. Wir genehmigten uns wieder eine Käse-Schinken-Platte mit Salat, Biere Pression und Schweppes. Fürs Abendessen, Reis und Pilze, kauften wir noch Bio-Gulasch (Ragoût de Boeuf) aus lokaler Produktion für 18 Euro. Niemand konnte behaupten, dass wir die lokale Bevölkerung nicht tatkräftig unterstützten…
Anne blieb auf dem Campingplatz, ich musste noch die letzte Sehenswürdigkeit von La Brigue besuchen, die Pont du Coq (Hahnenbrücke), eine aus Bruchsteinen errichtete Brücke über die Lévensa aus dem 15. Jahrhundert.

Pilze und Sturm

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Wasser kündigt sich von oben an, es beginnt zu nieseln.

Soweit zu unseren Wanderexkursen, ab jetzt ging es weiter auf dem GR52A. Vorher mussten wir noch unsere Verpflegung auffüllen, der Laden hatte ja wieder geöffnet. Mit Baguette, Käse, Keksen und Wurst im Rucksack und einem Croissant in der Hand ging es weiter. Der Pfad wand sich den Hang hinauf, unter uns La Brigue immer kleiner werdend. So gewannen wir Meter um Meter an Höhe. An einer Stelle sah man den Col de Tende, unseren Ausgangspunkt.
Zu unseren Füßen wuchsen wieder die typischen mediterranen Kräuter: Bohnenkraut, Lavendel und Thymian. Es gab auch wieder Pilze: Edelreizker, Franzosenreizker, Pfifferlinge, Rotkappen, Sandröhrlinge, Schmierröhrlinge und Steinpilze, die ersten in diesem Jahr. Die Rotkappen ließen wir schließlich stehen, es waren einfach zu viele.
Auf der Baisse de Géréon (1252 m) war Zeit für die Mittagspause. Ein Auto stand mitten auf der Wiese. Bald zeigten sich auch die Besitzer des Fahrzeugs, ein Pärchen Pilzsammler wie wir. Anne kam gleich ins Gespräch und jeder begutachtete des anderen Funde. Der Mann erklärte, dass wir den Franzosenreizker essen konnten. Sein französischer Name ist Lactaire sanguin. Außerdem hatten die Beiden noch Pfifferlinge (girolles), Rotkappen (Bolet roux) und Steinpilze (cèpes) sowie Semmelporlinge (Albatrellus).
Weiter ging es auf einer Schotterpiste nach Süden. Wir brauchten Wasser. Zum Glück tauchte am Wegrand bald ein Bächlein auf, wir konnten unsere Flaschen füllen. Wasser kündigte sich auch von oben an, es begann zu nieseln. Ein Container am Weg erschien genau zu richtigen Zeit. Innen gab es nur einen Tisch, Stühle und einen Stapel Schnapsbecher… Kaum hockten wir im Trocknen ging draußen ein ordentliche Gewitterschauer nieder. Um uns die Zeit beim Abwettern zu vertreiben, begannen wir die Pilze zu putzen und fingen an zu kochen – Kartoffelpüree mit Pilzen und Jägersoße.
Gegen 16:30 Uhr durchbrachen die ersten Sonnenstrahlen die Wolkendecke, wir konnten weiter. Immer mal wieder zeigten sich die Berge des Mercantour am Horizont, sie waren weiß überzuckert. Ein Schild an einem Baum warnte vor Schutzhunden, vor uns lag eine Bergerie, eine Schäferei. Es dauerte auch nicht lang und wir wurden von einem Dutzend kläffender Köter umringt. Der Schäfer versuchte seine Hunde im Zaum zu halten. Einige Hunde kamen schnuppernd und schwanzwedelnd zu uns, andere hielten knurrend etwas Abstand. Mit Geleitschutz sozusagen passierten wir die Schafherde.
Bald ging die Schotterpiste in einen schmalen Geröllpfad über und zog sich hinauf zur Baisse d’Anan.
Heftige Windböen erfassten uns auf der Höhe, biwakieren war hier nicht möglich. Wir stiegen hinab in Richtung Waldrand. Kurz bevor der Weg im steilen Zickzack nach unten führte, fanden wir ein Plätzchen für unser Zelt zwischen robusten Bergkiefern.
Wir hätten mehr Wasser mitnehmen sollen, unsere Pilzmahlzeit hatte fast alles aufgebraucht. Lediglich der 1 L in unserer Thermosflasche war übrig, wir mussten sparsam sein und draußen tobte der Sturm.

Über dem Roya-Tal

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Ab jetzt geht es auf schmalen Pfaden zwischen Felsen und Wald entlang bis ins Caïné-Tal.

Der Wind tobte die gesamte Nacht hindurch. Immer wieder schüttelte er unser Zelt durch. Zeitweise wurde es still, nur um kurz darauf mit voller Wucht weiter zu stürmen. Es schien als ob der Wind Verschnaufpausen einlegte, einmal um den Berg herumschlich, um von der anderen Seite wieder zuzuschlagen.
Wir packten unseren Kram ein und begannen den Abstieg nach Saorge, einem weiteren Bergdorf am GR52A. Der Weg war steil und lang, zum Glück war es aber windstill. Nur weit oben hörten wir ihn heulen.
Die ersten Häuser kamen in Sicht, eine Frau mit Hund, die perfekt Englisch sprach, wollte auch ins Dorf. Sie hatte es recht eilig und ihr Smartphone klebte förmlich am Ohr. Wir ließen uns Zeit. Am Kloster Saorge erreichten wir den Hauptort. Interessant fand ich, dass es selbst in solch kleinen Bergdörfern öffentliche Toiletten gab. Da hat man bei uns in Deutschland selbst in Städten so seine Schwierigkeiten. Ein Opa erklärte uns den Weg zum Vival-Markt, einem Lebensmittelladen.
Hier gab’s leckere Soßen – Beurre Citron. Mit Fisch dazu, hätten wir ein delikates Abendessen.
Schwierig war es ein Restaurant zu finden, wo wir etwas essen konnten. Le Heinz Café hatte zwar geöffnet, zu essen gab es jedoch erst mittags. So hockten wir uns vor die Kirche Saint-Sauveur de Saorge und knabberten Baguette, Wurst im Pfeffermantel und Käse.
In Caïros Buchhandlung bestellten wir zum Nachtisch einen Cappuccino und einen Ingwer-Muffin…
Von Saorge mussten wir erst einmal weit ins Bendola-Tal hinab, um dann auf der anderen Seite wieder bis zum Collet-du-Mont-Agu hinaufzusteigen. Ab jetzt ging es auf schmalen Pfaden zwischen Felsen und Wald entlang bis ins Caïné-Tal. Am Bach füllten wir alle Trinkflaschen und bauten ein Stück oberhalb am Wegrand unser Zelt auf. Wir waren nun 10 Stunden unterwegs, davon ca. 7 ½ Stunden gelaufen. Bei knapp 12 km Weglänge waren das grad mal 1,6 km/h…
Der Platz war einigermaßen windgeschützt, doch der Boden hart, ein Fest für meine Faszien. Aber ich jammerte nicht, sondern genoss das Panorama auch wenn keins da war…

Der Weiterweg nach Breil-sur-Roya am nächsten Tag zog und zog sich. Immer wieder gab es Abstiegsmöglichkeiten, doch der GR52A folgte weiter entlang der Felsen und nahm einen Taleinschnitt nach dem anderen mit. Letztendlich endete der Pfad fast in der Altstadt von Breil-sur-Roya.
Hier wollten wir eine Nacht bleiben. Anne hatte vor Jahren auf dem Campingplatz übernachtet. Den gab es aber nicht mehr, er fiel dem Hochwasser von 2020 zum Opfer. Immerhin gab es eine Touristeninformation die auch geöffnet hatte. Die Dame in der Info empfahl uns das Hotel „La Bonne Auberge“, das einzige Hotel in der Stadt was offen war. Es lag in der Nähe.
Anne fragte nach einem chambre – Zimmer. „Oui“ war die Antwort der Dame. Die darauffolgende Frage: Ob wir reserviert hätten? Hatten wir natürlich nicht. Mit der Info, dass alles ausgebucht sei, durften wir wieder von dannen ziehen. Also zurück in die Touri-Info.
Die Dame begann jetzt herumzutelefonieren aber überall gab es Absagen, nur eine Möglichkeit zum Übernachten gab es in einem Ort rund 20 km von Breil entfernt in La Source des Oliviers. Für 60 Euro könnten wir da im Zelt übernachten. Na danke. Da schleppten wir unser Zelt auf dem Buckel durch die Berge und zahlten dann 60 Euro für ’ne Zeltübernachtung…
Wir bedankten uns, fragten, ob wir die Rucksäcke hier für eine Weile deponieren durften und bummelten noch ein wenig durch den Ort.
Wir brauchten eine Gaskartusche, leider ohne Erfolg. Viele Läden und Restaurants schienen für immer geschlossen.
Auf dem Rückweg fiel uns ein nettes kleines Restaurant auf – Le Flavie. Es bot früher auch Übernachtungen an doch der Hotelbetrieb wurde eingestellt. Das Restaurant wurde von einem älteren Ehepaar geführt, stand aber zum Verkauf. Wir kehrten ein. Der Laden lief gut, ständig kamen neue Gäste und bald war alles voll. Mit Entrecôte bzw. Hühnchen im Bauch ging es zurück, unsere Rucksäcke holen.
Der Weiterweg führte auf einer kleinen Asphaltstraße bergauf. Anne hatte auf ihrer Wanderkarte einen See entdeckt. Den See fanden wir jedoch nicht dafür eine Baustelle, also weiter laufen. Von der Straße zweigte ein Pfad ab, der sich hinauf in den Col de Brouis (879 m) zog, der das Roya-Tal vom Bévéra-Tal trennte, oder verband, je nach Perspektive… Dort gab es die Auberge du Col de Brouis, ebenfalls aufgegeben. Aber es gab einen Brunnen mit Trinkwasser. Unterhalb des Passes im Wald auf einer schmalen Terrasse bauten wir unser Zelt auf.

Umwege

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Klare Morgenluft und blauer Himmel begrüßten uns als wir aus dem Zelt krabbelten.

Klare Morgenluft und blauer Himmel begrüßten uns als wir aus dem Zelt krabbelten. In der Nacht hatte irgendwo eine Kuh gebrüllt oder war es ein Hirsch? Heute machte der „Sentier panoramique“ seinem Namen alle Ehre. Am Horizont erhoben sich schroffe Bergketten. Unser Ziel war Sospel im Tal der Bévéra.
Anfangs ging es auf einer Schotterstraße bis zum Col de Paula (750 m) und einem Brunnen. Waschen war angesagt. Von dort führte ein schmaler Pfad hinunter ins Tal des Ruisseau de Basséra (Basséra-Bach), einem kleinen Bach in einer engen, schon canyonartigen Schlucht. Anne nutzte die Gelegenheit und nahm ein Bad im kalten Wasser des Bachs. Mir war es in der engen Schlucht zu schattig…
Auf der anderen Seite folgte dann ein langer Anstieg zum Col du Pérus (659 m), einem Straßenpass an der D2204. Mittlerweile brannte die Sonne unbarmherzig aufs Hirn. Ein langer, nicht enden wollender Saumweg führte ins Vallon de la Fighetta. Hier war es wieder recht schattig, diesmal war es mir willkommen und auch ich hängte meine Füße ins erfrischende Nass. Etwas belebt, holte ich Kocher und Töpfe raus und wir machten Kaffeepause.
Auf dem gegenüberliegenden Ufer hatten wir erhebliche Orientierungsprobleme, die Markierung samt Wanderweg waren verschwunden. Laut unserer Wanderkarte führte die Schotterpiste auf der wir uns grad befanden ebenfalls nach Sospel. Ein Wegweiser untermauerte die Tatsache zusätzlich. Wir ließen den GR52A sausen und liefen auf dem Chemin du Vier, wie der Weg sich nannte, nach Sospel. Der erste Anlaufpunkt war die Zentralbar (Bar Central).
Ich nippte an meinem Bierchen, Anne suchte eine Touri-Info. Nach einer halben Stunde tauchte sie wieder auf, mit Erfolg. In der Hand hatte sie Prospekte und Karten. Laut der Dame von der Info sollte es etwa 2 km von Sospel an der Straße nach Moulinet einen Campingplatz geben. Der Plan auf Annes Prospekt verriet uns, dass auch der Wanderweg fast am Campingplatz vorbeiführte.
Zwei Kilometer, dass sollte doch kein Problem sein. Im SPAR um die Ecke kauften wir was zum Essen und eine Flasche Rotwein, beim Bäcker noch ein Baguette für ein gemütliches Abendessen auf dem Campingplatz und hofften in etwa einer halben Stunde am Ziel zu sein.
Der Weg sollte immer dem Tal folgen. Doch Hoffnung ist manchmal trügerisch! Wir waren schon über 2 km unterwegs als rechter Hand ein Wegweiser auftauchte der bergauf wies. Ungläubig schauten wir uns an und folgten weiter der Straße. Um nach etwa 400 m nicht mehr ungläubig sondern ziemlich deppert drein zu schauen – die Straße war weg, einfach weg. Stattdessen klaffte ein riesiger Steilhang vor uns am Berg, unmöglich weiterzulaufen. Ein Erdrutsch hatte am 14. April 2018 die Straße weggerissen, wie ich später herausfand. 200.000 m³ Land rutschten damals ins Tal.
Wir mussten zurück bis zum Wegweiser und den Wanderweg bergauf nehmen. Der Pfad stieg höher und höher, kein Ende kam in Sicht. Anne schmiss die Prospekte aus der Touri-Info schimpfend auf den Boden. Hätten wir nur Wasser statt Wein mitgenommen, dann hätten wir irgendwo auf einem Flecken unser Zelt aufbauen können. Aber so mussten wir weiter und Wasser suchen…
Wären wir doch nur der Hauptstraße gefolgt, das wäre deutlich kürzer gewesen. Aber alles jammern und wüten half nichts, wir mussten weiter. In dem Weiler Sainte-Sabine hatten wir den höchsten Punkt erreicht wie es schien. Ab jetzt ging es wieder abwärts und bald erreichten wir auch die Straße auf der wir vorher unterwegs waren. Wir hatten den Erdrutsch umgangen. Langsam dämmerte es, die Wegmarkierungen ließen auch zu wünschen übrig und mein GPS hing sich ständig auf. Aber viel Alternativen gab es nicht, wir mussten runter auf die Hauptstraße.
Unten angekommen gab es von einem Campingplatz noch immer keine Spur. „Hier gibt’s doch nie im Leben einen Campingplatz“ rief Anne. Wir einigten uns darauf noch bis zur nächsten Straßenkurve zu laufen, wenn dann kein Hinweis auf einem Campingplatz kam, wollten wir im Tal irgendwo biwakieren.
Doch ein Schild hinter der Kurve brachte die Erlösung: „Domaine Sainte Madeleine Camping – 100 m“ stand drauf. Für die angeblichen 2 km hatten wir von Sospel aus 2 ½ Stunden bis hierher gebraucht! Es war nun schon dunkel. Immerhin hatte die Rezeption noch geöffnet. Laut der Dame von der Rezeption, sollte hier ein Fuchs sein Unwesen treiben und Essen stehlen, doch das war uns egal. Wir buchten eine Nacht und bauten im Schein unserer Stirnlampen das Zelt auf, kochten das Abendessen und schlürften den Wein. Irgendwie hatte das was…

Moulinet und Col de Turini

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Das Hôtel le Ranch im Col de Turini ist unsere Bleibe für die nächsten zwei Nächte.

Es war schon recht spät am Morgen als wir aufbrachen. Der Weg war schmal und steil, Brombeerranken wucherten an beiden Seiten. Immer wieder blieb ich an denen hängen und zerkratzte mir Arme und Beine.
Auf etwa 800 m Höhe bildete der Bergrücken ein Plateau und der Felsgipfel, Cime de Penas (1018 m) thronte eindrucksvoll über uns. Der Pfad wand sich um den Felsen herum. Stellenweise war der Weg etwas ausgesetzt, was eine gewisse Trittsicherheit erforderte. Auf der anderen Seite verschwand der Weg wieder im Wald. Hier begegneten uns die ersten Wanderer, die ebenfalls den GR52A liefen, ein französisches Paar. Sie starteten in Moulinet und wollten heute bis Sospel, zu einem Bierfest! Unser Tagesziel war Moulinet. Laut unserem Wanderführer: „…ein Ort der schon bessere Zeiten gesehen hat…“
Auf einem Saumweg ging es nun bis auf 1035 m in den Pas de la Capelette. Hoch über der Straße D 2566 mit Blick zur Kapelle Notre-Dame-de-la-Ménour, einem katholischen Wallfahrtsort.
Gegen 16 Uhr erreichten wir Moulinet. Das einzige Laden-Restaurant, Épicerie du Mercantour, sollte erst um 17:30 Uhr öffnen, erzählte uns eine Frau die auf dem Balkon gegenüber Wäsche abnahm. Das Pärchen hockte jetzt bestimmt schon auf dem Bierfest…
In der Nähe von Moulinet gibt es laut Wanderkarte 2 Campingplätze. Der Campingplatz Saint Sebastien hatte zu, so die Wäschedame. Der andere, La Ferme du Seuillet, sollte offen sein. Zwei Kilometer der Straße folgen. Na ja, das hatten wir schon mal…
Der Laden öffnete schon um 17 Uhr, so konnte ich wenigstens ein kleines Bierfest zelebrieren. Hinter dem Dorf würde sich sicher ein Plätzchen zum Biwakieren finden. So stiegen wir hinter dem Ort wieder den Buckel hinauf bis zu einer kleinen Terrasse, die sich hervorragend eignete, um ein Zelt aufzustellen.

Seit 13 Tagen, seit Ventimiglia, hatten wir nicht mehr in einem Bett geschlafen. Heute sollte sich das ändern. Unser Ziel war der Col de Turini und dort gab es laut unserem Wanderführer mehrere Hotels.
Bis zum Pass ging es hinauf bis auf über 1725 m, am Cime de l’Escaillou. Fichtenreizker und Schopftintlinge wuchsen am Wegesrand. Wir ließen die Pilze stehen. Der Himmel war bewölkt und es dauerte nicht lang bis es anfing zu tröpfeln. Fast auf der gesamten Strecke ging es durch dichten Fichtenwald. Nur an der Baisse de Patronel (1489 m) hatten wir Sicht auf die umliegenden Berggipfel. Wanderer begegneten uns heute keine, erst kurz vor dem Pass trafen wir wieder Köter und Menschen – Pilzsammler. Ein Wegweiser bezeichnete unseren Weg als „Sentier musical“. Ob das dem Motorenlärm von den nahegelegenen Straßen geschuldet war?
Der Straßenpass auf 1607 Metern liegt an der Grenze zum Nationalpark Mercantour. Der Col de Turini ist bekannt aufgrund von zwei bedeutenden Sportereignissen – der Rallye Monte Carlo und der Tour de France. Wir lenkten unsere Schritte gleich zum erstbesten Hotel, dem Hôtel des Trois Vallées. Innen war der Bär los, sämtliche Tische waren belegt. Wir konnten uns die Antwort des Personals schon denken – ausgebucht! Wir sollten es gegenüber im Hôtel le Ranch probieren. Dort hatten wir mehr Glück. Es gab zwar nur Übernachtung mit Halbpension für 120 Euro aber egal, um ein Bett unterm Hintern zu haben war es uns das wert.

Ein Blick aus dem Fenster verhieß nichts Gutes. Dicke Tropfen perlten an der Fensterscheibe herab. Laut Wetterbericht sollte es den ganzen Tag regnen. Weiterzulaufen machte so keinen Sinn. Am Frühstückstisch fragte Anne, ob wir noch eine Nacht bleiben könnten. Der Hotelchef drückte sein Bedauern aus, ich verstand nur „fermé“! Dann griff der Mann zum Telefon und kurz darauf gab er uns doch grünes Licht. Wir brauchten nicht in den Regen raus.
Als der Regen am Vormittag etwas nachlies schauten wir uns in der näheren Umgebung um. Es gab einen kleinen Laden, der aber nichts Brauchbares an Lebensmitteln hatte. Am Parkplatz vor dem Hotel trafen wir ein deutsches Paar, dass mit ihrem Kleinbus eine Rundreise machte. Sie beklagten sich über die hohen Übernachtungspreise auf den Campingplätzen. In Menton kostete der Platz mit Auto 70 Euro.
So verging der Tag. Gegend Abend trudelte noch ein deutsches Paar im Hotel ein. Der Mann war in Rente, die Frau politisch aktiv. Sie waren auch zu Fuß unterwegs und wollten morgen weiter in Richtung Sospel.

Alles geschlossen

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Belvédère über dem Vésubie-Tal.

Am nächsten Morgen versicherte uns der Hotelchef, dass es schön werden würde. Noch war es recht bewölkt. Aber wir vertrauten der Wetterprognose und liefen los, ins Tal der Vésubie.
Dieses Jahr schien das Jahr der Reizker zu sein. Alle paar Meter schauten ihre orangeroten Hüte aus dem Waldboden raus, sogar der Franzosenreizker zeigte sich wieder. Bald baumelte ein Beutel voller Pilze an meinem Handgelenk. Kurz vor La Bollène-Vésubie schenkte uns der Wald noch einen Schopftintling, der es leider nicht überlebte…
Vom Col de Turini ging es bis jetzt nur bergab. Um in den Ort zu gelangen mussten wir nochmal richtig hoch, etwa 175 Hm. Außer einer Kneipe hatte alles geschlossen, der Lebensmittelladen, die Touri-Info, die Bank oder das Schwimmbad. Wir genehmigten uns ein Bier und eine Orangina, zusammen 8 Euro und liefen weiter.
Anfangs bergab ins Tal des Baches Riou de Planquette oder auch Ruisseau de la Planchette, dann wieder bergauf bis zu einem ehemaligen Militärgelände mit alten Bunkern der Maginot-Linie.
Da wir meist durch Laubwald liefen zeigten sich auch andere Pilze. Satanspilze dominierten, aber es gab auch Echte Eierwulstlinge, den Roten Gitterling und schwefelgelbe Röhrlinge, die ich nicht kannte.
Vom Kriegsschauplatz ging es ins Tal der Gordolasque, die wir über den Pont du Véséou, ein recht hässliches Bauwerk sollte man meinen, überquerten. Nun hatten wir unser Etappenziel bald erreicht, die Gemeinde Belvédère. Leider ging es auch da noch mal heftig bergauf.
Der Ort wirkte wie ausgestorben, der Unterschied zu La Bollène-Vésubie bestand darin, dass hier sogar die Kneipen und Restaurants geschlossen hatten. Neben dem Dorfbrunnen auf einer Bank hockten drei alte Damen. Sie bestätigten das was wir eh schon sahen, ob morgen was aufmachen würde wussten sie auch nicht. Wir mussten einkaufen und brauchten eine Unterkunft. Beides gäbe es nur in Roquebillière, so die Drei. Roquebillière aber liegt unten im Tal der Vésubie. Das hieß nochmal über 200 m absteigen und über 3 km laufen…
Aber was blieb uns weiter übrig? Von oben konnte man den Ort gut einsehen und am Ortsanfang am Ufer des Flusses glaubten wir einen Campingplatz auszumachen. Wir hielten drauf zu. Nach rund 1 ¼ Stunden standen wir tatsächlich vor einem Schild mit der Aufschrift: Camping Les Templiers – Campingplatz der Templer. In der Rezeption gab es ein Regal mit ein paar Lebensmitteln. Wir hatten ja noch unsere Pilze, also brauchten wir nur eine Packung Nudeln und das Abendessen war gesichert. Morgen wollten wir dann richtig einkaufen gehen. Über 82 Treppenstufen würden wir in den Ort gelangen, versicherte uns der Typ von der Rezeption.

Thermalbad mit Hindernissen

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Wie vorausgesagt regnet es am Morgen.

Die Nacht war wieder recht frisch und des Zelt nass. Selbst nach dem Einkaufsbummel war es noch nicht trocken. Wir wollten aber nicht länger warten und packten. Laut Wanderkarte führte unten im Tal der Vésubie ein Sträßchen parallel zur Hauptstraße und am Ende des Sträßchens führte ein Wanderweg hinauf zum GR52A. Wir brauchten also nicht zurück nach Belvédère.
Leider hatten wir das Hochwasser 2020 nicht berücksichtigt, denn das Sträßchen endete nach ein paar Metern abrupt in einem Schotterhaufen. Uns blieb nichts weiter übrig als der Hauptstraße zu folgen.
Es war kein Vergnügen bei dem Verkehr auf der engen und kurvigen Straße zu laufen. Zum Glück regelten Baustellenampeln den Verkehr, so dass meist die Fahrzeuge nur aus einer Richtung kamen. Als am Straßenrand der Wegweiser zum Wanderpfad erschien waren wir erleichtert. In Serpentinen ging es nun den Berg hinauf bis wir wieder auf unseren Grande Randonnée stießen.
Wir hockten uns an den Wegrand und holten Baguette, Käse und Wurst aus dem Rucksack und machten erst mal Vesperpause. Stimmen von links ließen uns aufhorchen, es waren zwei Deutsche Wanderer, die die alte Salzstraße liefen. Sie wollten heute noch bis Saint-Martin-Vésubie und morgen über den Col de Fenestre nach Italien.
Wir wollten ins Thermalbad von Berthemont-les-Bains, der nächsten Gemeinde auf unserer Wanderung. Laut Wetterbericht sollte es morgen den ganzen Tag wieder regnen, eine gute Gelegenheit in einem Thermalbad zu entspannen…
Das Thermalbad zu finden war dagegen eine Herausforderung. Die Angaben in unserem Wanderführer stimmten überhaupt nicht mehr. Weder ein Grand Hotel noch eine Telefonzelle zeigten sich, auch kein Wegweiser war weit und breit zu sehen. Zum Glück begegneten wir einem holländischen Paar, dass uns den Weg korrekt wies.
In der Kantine des Thermalbads kauften wir eine Erfrischung und auf dem Klo füllten wir die Wasserflaschen. Nun hieß es einen Biwakplatz finden, der nicht zu weit vom Bad entfernt lag. Wir folgten einem Pfad, der laut Wegweiser wieder auf den GR52A führen sollte und hinter dem Ort am Waldrand zeigte sich ein passendes Plätzchen für unser Zelt. Der Waldweg neben dran war recht frequentiert. Autos, Mopeds und Fußgänger (eine Frau die hier zur Kur war), alles war vertreten, unsere Ruhe hatten wir hier nicht…

Wie vorausgesagt regnete es am Morgen. Heute wollten wir uns einen schönen Nachmittag im Thermalbad machen. Die Idee war gut, die Realität anders. Um 13:30 Uhr öffnete die Therme für Besucher. Wir hüllten uns in die Regenklamotten und liefen los.
Schon an der Eingangstür empfing uns eine Dame mit „Fermé“. Das Bad war heute aufgrund einer technischen Störung geschlossen. Irgendwie überraschte mich das nicht mehr wirklich. Wir mussten von dannen ziehen. Im Zelt beobachteten wir die herablaufenden Regentropfen und studierten die Psychologie der Gemeinen Stubenfliege, die hier zu hunderten an der Zeltwand hockten…

Unsere letzte Etappe

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Der Abstieg war nicht so steil wie der Aufstieg.

Der Weg, der laut Wegweiser auf den GR52A führen soll, lief in eine völlig andere Richtung. Wir konnten den richtigen Zubringer nicht finden und liefen an den Punkt zurück, an dem wir vor zwei Tagen den GR52A verlassen hatten.
Doch auch dort warteten nach kurzer Zeit erneut Orientierungsprobleme. Unser GPS-Track folgte einem anderen Pfad als dem markierten Wanderweg. Leider versperrten umgestürzte Bäume an einem Steilhang den GPS-Pfad. Die Wegmarkierungen auf dem anderen Pfad verschwanden jedoch auch nach kurzer Zeit. Mehrere unmarkierte Wege führten am Hang entlang. Es dauerte fast eine halbe Stunde bis wir wieder auf dem GR52A standen.
Nun gab es keine Probleme mehr mit der Orientierung, es ging im Zickzack nur noch bergauf. Immer wieder zeigten sich Lücken im Wald und wir konnten hinab nach Berthemont-les-Bains schauen. Bei ca. 1340 m hatten wir den höchsten Punkt erreicht. Der Abstieg war nicht so steil wie der Aufstieg. An einer Schafstation erreichten wir eine Schotterstraße, die uns nun bis Saint-Martin-Vésubie führen sollte.
Die Touri-Info hatte geöffnet. Laut der Dame dort, war auch der Campingplatz „Camping à la Ferme St-Joseph“ noch dieses Wochenende offen. Eine Busverbindung nach Nizza gab es auch. Wir beschlossen hier unsere Wanderung zu beenden und am Montag ans Meer zu fahren. Anne hatte schon einen Ort ausgesucht – Agay an der Côte d’Azur. Zum einen gab es dort noch einen Campingplatz der offen war, zum anderen war Anne vor Jahren schon mal dort.
Der Campingplatz liegt etwas außerhalb des Ortes über dem Vésubie-Tal. Kurz vor der Straßenbrücke die über den Fluss führt, mussten wir die Hauptstraße auf einem Zebrastreifen queren. Anne lief los, ein Auto hielt, beim zweiten Auto quietschten schon die Bremsen und das dritte krachte aufs Heck des zweiten Fahrzeugs.
„Die Menschen sind denen egal, es geht immer nur ums Auto!“ so Annes Kommentar. Wir erreichten ohne Unfall den Campingplatz. Die Rezeption öffnete erst um 16 Uhr. Wir bauten schon mal das Zelt auf, um es zu trocknen. Der Platz war nett ringsum standen Obstbäume – Äpfel, Birnen, Quitten.
Heute wollten wir mal nichts kochen. Die Auswahl an Restaurants im Ort war recht übersichtlich. Wir entschieden uns für das Restaurant „La Treille“ immerhin hatte es bis jetzt jedes Jahr eine Auszeichnung bekommen…
Hier musste man reservieren! Aber draußen auf der Terrasse gab es noch freie Plätze und falls uns kalt wurde, versprach uns der Ober Decken. Zwar mussten wir richtig Geld lassen (104 Euro) aber es hatte sich gelohnt. Mit Ente, Entrecôte und einem kräftigen Rotwein endete der letzte Wandertag.

Wir mussten heute einkaufen z.B. eine Gaskartusche (Schraubkartusche), immerhin standen ja noch ein paar Zeltübernachtungen an. Im Ort gab es ein Outdoorladen, der aber keine Kartuschen führte. „Difficile!“ so der Typ. Was an Schraubkartuschen „difficile“ sein sollte erschloss sich uns nicht.
Beim Bäcker gab’s erst mal Frühstück – ein Café américain oder Café allongé oder nur Café long und ein Éclair au chocolat. Im Supermarkt gab’s was Besonderes, was es sonst in Frankreich nicht mehr zu geben scheint, eine Bouillabaisse Marseille (Fischsuppe), für 10,95 Euro. Das Abendessen war sicher. Gegenüber war Markt. An einem Stand loderte ein Feuerchen. Hier gab es andere Spezialitäten Socca (ein Pfannkuchen aus Kichererbsenmehl) und Pissaladière (ein Zwiebelkuchen mit Sprotten).
Auf dem Weg zur Bushaltestelle entdeckten wir noch ein Sportgeschäft und die hatten tatsächlich Schraubkartuschen, unser Morgenkaffee war gesichert…
Das Wäschewaschen auf dem Campingplatz stellte sich als Herausforderung heraus. Die Maschine schluckte unser Geld, dachte aber nicht im geringsten daran mit dem Waschen zu beginnen. Erst die Dame von der Rezeption konnte das Teil überzeugen, seine Arbeit zu verrichten. Wir verbrachten die Zeit mit Solitärspielchen gegen Annes E-Book-Reader…

Es gab viele nette Lebensmittelläden in Saint-Martin-Vésubie. Ein Käseladen mit Käsespezialitäten von der Longon-Alm mit Kuh-, Schaf- und Ziegenkäse (eingelegte Kiefernzapfen gab es da auch), oder eine Boucherie mit Brathähnchen. Leider kamen wir zu spät, um das Geflügel heiß vom Grill zu kaufen. So mussten wir mit kaltem Huhn vorlieb nehmen.

An der azurblauen Küste

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Die Felsen sind Ausläufer vom Massif de l´Estérel, welches sich im Hintergrund von Agay erhebt.

Der Bus nach Nizza fuhr um 11:00 Uhr vormittags. Auf der Strecke konnten wir noch einmal das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe von 2020 erahnen. In einem Ort thronte ein Haus über dem Fluss, wie mit einem Messer in der Mitte durchgeschnitten.
Nach reichlich 1 ½ Stunden erreichten wir Nizza im Busbahnhof Grand Arénas, gegenüber des Bahnhofs Saint-Augustin. Wir hatten Glück, in einer knappen Stunde fuhr ein Zug nach Saint-Raphaël. Von dort konnten wir mit einem Bummelzug nach Agay fahren. Anne reservierte in der Zwischenzeit die Plätze im TGV nach Mannheim. Das ging ohne Probleme bei der Deutschen Bahn im Internet. Dass es doch nicht so problemlos war, sollten wir in Marseille kurz vor der Heimfahrt merken… Unsere Reservierung wurde in Marseille nicht akzeptiert und wir mussten nochmal 35 Euro pro Person für eine Art Erweiterung zahlen, die mit einem Interrailpass gültig war.
Ein Schild am Campingplatz in Agay versprach nichts Gutes – „Complet“ (ausgebucht). Der Typ von der Rezeption gab uns doch noch einen Funken Hoffnung. Er hätte da noch ein kleines Plätzchen. Eingeklemmt zwischen zwei Wohnmobilen und einem Stechapfel bauten wir unser Zelt auf…
Schwimmen erwies sich als schwierig, da nach ein paar Metern im tiefen Wasser eine Sandbank lag, wo einem das Wasser grad mal bis zu den Knien reichte.

So entschlossen wir uns am nächsten Tag eine kleine Küstenwanderung anzutreten. Über rote Felsen am türkisblauen Wasser ging es auf dem Gedächtnisweg um das Cap Dramont in den Ort Dramont. Hier landeten am 15. August 1944 Streitkräfte der Alliierten und begannen mit der Befreiung der Provence. Dieses Jahr feierte man das 80jährige Jubiläum dieser Aktion.
Immer wieder boten sich Ausblicke auf die Steilküste mit ihren roten Felsen, Ausläufer vom Massif de l´Estérel, welches sich im Hintergrund von Agay erhebt.
Obwohl das Wasser kristallklar glitzerte, war das Baden in der Long-Bucht verboten. Der Grund: Dreckwasser! Trotzdem wurde gebadet.
Von Dramont wollten wir nicht zurücklaufen und zum Glück fuhr auch bald ein Zug. Nur fehlte es an Fahrkartenautomaten. Ein Mann der auch auf den Zug wartete, versicherte uns das hier sowieso nicht kontrolliert wurde. So stiegen wir nach 2 Minuten Gratisfahrt in Agay wieder aus.
Da die Mittagssonne brannte war es Zeit für einen Eisbecher. Im Supermarkt gab es getrocknete Spitzmorcheln, 25 g für 19,50 Euro!
Auf dem Campingplatz lernten wir ein Pärchen Augsburger kennen, die in Frankreich Angeln gingen. So berichteten sie über einen Fisch im Mittelmeer, der Goldstrieme (Sarpa salpa), die Killeralgen (Caulerpa toxifolia) fraß und dessen Fleisch dadurch halluzinogen wirken sollte.
Interessant die französische Mittelmeerküste wo Stechäpfel an Land wuchsen und Drogenfische das Meer bevölkerten…

Unser Urlaub neigte sich seinem Ende entgegen. Von Agay fuhren wir nach Saint-Raphaël. Mit einem TGV ging es weiter nach Marseille. Um Marseille kennenzulernen fehlte uns einfach die Zeit. Wir buchten eine Nacht im Hotel Holiday Inn Express und fuhren am nächsten Morgen, dem 4. Oktober um 08:12 Uhr mit dem TGV zurück nach Deutschland. Anne nach Mannheim direkt, ich musste in Karlsruhe umsteigen. So endete unser Urlaubsexperiment. Meine Kondition war zwar noch lange nicht auf dem Stand wie früher, aber ich konnte immerhin wieder mit Rucksack und Zelt in die Berge…

***

 
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