Es ist Ende März, der Himmel ist blau und die Sonne scheint. Zeit für unsere erste gemeinsame Frühlingswanderung. Falk hat den Kaiserstuhl ausgesucht. Nachdem wir in Ihringen ausgestiegen sind, werde ich vor die Wahl gestellt: „Östliche, mittlere oder westliche Variante?“
Ich kann mich nicht entscheiden. So laufen wir einfach los. Den Berg hinauf durch die Weinberge in den Wald. Die unterschiedlichen Vogelstimmen fallen mir auf: Ich erkenne den Gesang der Amsel, ein Krächzen und das kurze schrille ziecken des Kernbeißers. Wenig andere Geräusche sind zu hören. Blaue Traubenhyazinthen, gelber Löwenzahn und die kleinen weißen Blüten der Vogelmiere säumen den Weg durch die Weinberge.
Ansonsten wirkt die Natur aufgeräumt. Weinstöcke sind in den Weinbergen aufgereiht und ihre Tragruten stramm an den Bindedrähten befestigt. Wächst hier der Rinklin-Riesling, den wir gestern getrunken haben? Sofort erinnere ich mich an den herben fruchtigen Geschmack, der unser Abendessen aus Frankfurter grüner Soße mit Kartoffeln hervorragend ergänzt hat.
Totenkopfberg
So ganz in den Frühling eingelassen gehen wir bergauf, dem Totenkopf, dem höchsten Berg im Kaiserstuhl entgegen. Zuvor werden wir darüber informiert, dass wir bald eine für den Kaiserstuhl typische Hohlgasse betreten. Alte Wege der Weinbauern, viel begangen und über die Jahrhunderte ausgewaschen.
Bald sind wir auf dem Gipfel und steigen den Neunlindenturm hinauf. Er wurde erst um 1900 erbaut und ermöglicht einen weiten Blick in das Tal, den Schwarzwald und hinter dem Sendeturm die Vogesen. Kaum erahnt man das kleine Kloster, das hier in der Abgeschiedenheit gestanden hat.
Eremitenklause
Danach wandern wir weiter durch Buchenwälder und Hohlwege zur Eichelspitze mit dem Eichelspitzturm. Ein Aussichtsturm auf dem der gesamte Kaiserstuhl, die Hochschwarzwaldberge und Vogesen zu sehen sind.
Er wurde vor einigen Jahren ehrenamtlich erstellt und weitgehend privat finanziert. Das zeigen die vielen Namen und Firmensymbole, die jede Stufe schmücken. Wahrscheinlich war die Spende günstiger als eine Werbefläche zu mieten. Daneben erklärt ein Schild das alte Gemäuer unweit vom Turm: Reste einer kleinen Eremitenklause. „Wie kann man hier denn wohnen.“ fragt ein Kind. Der Vater in Erklärungsnot: „Manche Menschen wollten früher so wohnen, ohne Bequemlichkeiten, um nachzudenken.“ Ratlos ziehen Kind und Vater weiter. Gut so, denn ein weiteres Schild ermahnt Eltern, Kinder davon fern zu halten. Ganz zeitgemäß dürfen sie nur den Werbeturm besteigen.
Katharinenkapelle
Wir ziehen weiter. Die Wege werden belebter denn der Samstag ist schon fortgeschritten. Kleine Wiesen unterbrechen den Wald. Menschengruppen lümmeln sich dort. Viele genießen diesen schönen Frühlingstag. Die Stimmung ist ausgelassen, menschliche Geräusche übertönen die Vogelstimmen. Auf schmalen Pfaden über den Kamm gelangen wir zur Katharinenkapelle auf den Katharinenberg. Sie stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist noch vollständig erhalten.
Ein Kiosk hält Erfrischungen bereit und auch wir erholen uns bei einem Johannisbeersaft. Danach beginnt ein längerer steiler Abstieg. Schwitzende Wanderer kommen uns entgegen und schauen uns neidisch an. „Aber auch der steile Abstieg hat es in sich.“ Weite Ausblicke und eine entspannte Frühlingsatmosphäre begleiten uns. Erneut laufen wir durch Hohlwege. In den Lössboden sind Liebesbekundungen eingeritzt. Früher zeigte man Jagdszenen heute Liebesbeweise. Ein deutlicher Fortschritt. Interessanter finde ich die vielen kleinen Löcher an den Seiten, die sich als Behausungen von Mauerbienen herausstellen. Eine der Nahrungsquellen der heimischen Bienenfresser.
Bald kommen wir in Endingen an. Siebzehn Kilometer sind wir gelaufen. Wir sind uns einig: Das war eine kurzweilige Wanderung. Wir werden wieder kommen.
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