Das Wetter am ersten Samstag im Frühling zeigte sich von seiner freundlichen Seite. Für mich stand fest: es geht hinaus in den Schwarzwald. Da ich gerade zwei Wochen Schneeschuhwandern in den Bieszczady-Bergen hinter mir hatte, stand mein Sinn nicht mehr nach Schnee, obgleich es den auf den Schwarzwaldhöhen noch in ausreichender Menge gab. Eine Wanderroute hatte ich schnell gefunden, von Tal zu Tal sollte es gehen. Vom Zastlertal hinauf zu den Ausläufern des Hochfahrn und von da hinab ins St. Wilhelmer Tal.
Lebensgefahr
Um 7:40 Uhr ging es von Freiburg mit der Bahn bis Kirchzarten und von dort um 8:00 Uhr mit dem Bus bis in die Gemeinde Oberried (Sternen). Beim Bäcker kaufte ich mir noch schnell ein Rosinenbrötchen als Marschverpflegung dann folgte ich dem Radweg in Richtung Zastler.
Frühlingszeit ist Bärlauchzeit und im Schwarzwald gab es normalerweise reichlich von dem Grünzeug. Für ein paar Bratkartoffeln (oder badisch Brägele) wollte ich mir ein Hand voll mitnehmen.
Die ersten Blättchen zeigten sich schon Ende Februar am Ufer des Zastlerbachs. Jetzt sollte er förmlich wuchern. Doch der erste Sammelversuch schlug fehlt! Das Schattenwegle, welches dem Bach auf der in Fließrichtung (für Akademiker: orographisch) linken Seite folgte war gesperrt. Ein Banner quer über den Weg gezogen warnte mich vor Holzfällerarbeiten – Lebensgefahr.
Bergauf
Nun gut, immerhin gibt’s eine Warnung. In dem slowakischen Teil der Hohen Tatra fiel mir so ein Baum schon mal fast vor die Füße. Ein etwas wild dreinschauender Weg führte rechts den Hang ansteigend nach Osten. Zum Glück fingen sich die Brombeerranken erst an zu recken, ich konnte ihnen noch deutlich mit meinen Wanderschuhen ihren Platz zuweisen ohne dass sie mich in den Klammergriff nahmen.
Nach ein paar Metern lief es sich besser, immer wieder boten sich Ausblicke hinunter ins Tal. Im oberen Teil des Weges zweigt ein unscheinbarer Pfad links ab. Ich folgte ihm ein Stück bis er in einer scharfen Kurve sich hinab ins Tal zog. Querfeldein kraxelte ich zurück auf den Hauptweg, der sich nun auch immer weiter verengte bis man nur noch von einem Pfad sprechen konnte.
In einer Kurve der Straße Stollenbachstraße endete der Pfad. Ich bog scharf nach rechts und folgte nun einem breiteren Forstweg, dem Kleislewaldweg. Laut meinem GPS sollte hier links ein Pfad abzweigen. Ich konnte keinen Pfad entdecken dafür konnte ich nach einem Stück auf dem Forstweg links den Berg hinauf auf einem ehemaligen Rückeweg, der an einem Holzeinschlag endete. Dort oben entdeckte ich auch den Pfad, der laut GPS unten am Forstweg hätte abzweigen müsse. Doch Holzabfälle machten ihn unbegehbar.
Bärlauch und Kunststofflilien
Ich kraxelte über einen Haufen verdorrter Äste und stand wieder auf einem Forstweg, der Brumisweg. Die ersten Schneereste zeigten sich und auch eine gelbe Raute. Der Markierung folgend erreichte ich eine Kreuzung, laut einem Schild lief ich nun auf dem Sprengwaldweg.
Dem Brumisweg bergauf wollte ich nicht folgen, dann wäre ich sicher in Schneeregionen vorgestoßen.
Der Sprengwaldweg endete auf der Erlenbachstraße an einer Hütte mit Bank – Teepause. Auch hier lag noch etwas Schnee aber ein Stück weiter der Straße folgend sprudelten Bächle den Hang hinunter und an den Rändern wucherte Bärlauch. Mit voller Jackentasche zog ich weiter.
Kurz hinter dem Parkplatz an der Gfällmatte verließ ich die Erlenbachstraße und bog rechts auf einen Forstweg ab. Mein Ziel war das Gebiet der Luchsfelsen. Rechts im Fichtenwald blühten blaue Blumen. Blaue Blumen? Das konnte nicht sein! Ich sah mir die Sache näher an. Die vermeintlichen Blumen entpuppten sich als Verbissschutz aus Kunststoff an jungen Bäumen. Von weitem ähnelten die Teile blühenden Lilien.
Bannwaldwege
Je näher ich dem St. Wilhelmer Tal kam, desto stärker veränderte sich der Wald. Der reine Nadelwald trat zurück und Bergmischwald trat an seine Stelle. Der Hang war felsdurchsetzt. Zwar handelt es sich noch nicht um einen Bannwald, der kommt später, aber auch hier lagen Baumstämme am Boden und moderten vor sich hin.
Ein kaum wahrnehmbarer Pfad führte bergab in Richtung Felshänge.
Der ganze Hang ist südseitig ausgerichtet und somit war es nun um die Mittagszeit recht warm. An einem Baumstamm hielt ich Mittagspause.
Hinter mir viel der Fels schroff in die Tiefe, links zog sich eine Geröllrinne ins Tal hinab. Für ein Mittelgebirge vermittelte der Platz schon einen recht alpinen Eindruck. Und auch die Fauna ist alpin. Zurück auf dem Pfad hörte ich Geräusche über mir. Einen Augenblick später sprang eine Gämse vor mir den Hang hinab. Bisher hatte ich es noch nicht geschafft eine Schwarzwaldgämse vors Objektiv zu bekommen. Die Viecher hier sind so scheu und schnell, ganz anders als in der Hohen Tatra, wo man den Gämsen fast den Vorderhuf schütteln kann und sie dich noch neugierig anstarren.
Der Pfad führt am Fuchsbach nach unten. Da es mir dort zu feucht war, stieg ich den Berghang zuvor durch den Wald hinab und traf nun auf den unteren Felsenweg, der Richtung Bannwald Faulbach führt. Gewaltige Buchen stehen links und rechts am Pfad. Im Herbst gibt es hier auch seltene Pilze, wie den Tannenstachelbart.
Bergab
Bald plätscherte von rechts ein Bach den Berg hinunter, der Faulbach. Nun war ich im Bannwald, dem der Bach seinen Namen gab. Man kann dem Bannwaldweg nun bis ins Bruggatal folgen. Da er am Ende jedoch recht verwachsen ist, wählte ich eine Abkürzung. Ein kaum sichtbarer Pfad zweigt kurz vor der Hohen Brücke, wo das St. Wilhelmer Tal ins Oberrieder Tal (Bruggatal) mündet hinab auf den Wilhelmitenpfad.
Diesem folgte ich nun durch die Bruggaschlucht, die jetzt zur Schneeschmelze recht viel Wasser führt, bis ins Tal. An der Bushaltestelle Oberried Schneeberg endete meine kleine Wanderung. Ich war mit Pausen 7 Stunden unterwegs.
Der Bus nach Kirchzarten kam in 5 Minuten und am Bahnhof musste ich noch mal die gleiche Zeit warten bis mich die Höllentalbahn zurück nach Freiburg brachte.
***