Schwarzwälder Abendspaziergang (Schwarzwaldtour August 2019 – Deutschland)

Zweiseenblick
Zweiseenblick

Es ist kurz vor 8 Uhr abends und ein Bus, der uns vom Titisee in Richtung Feldberg bringt, ist nicht zu sehen. Die Fahrpläne an den Haltestelle zeigen nach 20:00 Uhr keine Busfahrten mehr an. Dabei war ich mir sicher, dass wir von Titisee Bahnhof noch in den letzten Bus steigen können…

Plan B

Erst als mir der Fahrer im Bus nach Neustadt versichert, dass heute nichts mehr hoch zum Feldberg fährt, gebe ich mich geschlagen. Wir müssen umplanen und starten unsere Abendwanderung nun in Titisee.
Um der sommerlichen Tageshitze ein Schnippchen zu schlagen, schlug Anne letzte Woche vor, schon am Freitagabend loszulaufen und im Schwarzwald zu biwakieren. Wir einigten uns auf den Gipfel des Herzogenhorns. Nun überlege ich mir ein neues Ziel, während die Sonne langsam hinter den bewaldeten Hügeln über dem Titisee untergeht.

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Sonnenuntergang über dem Titisee

Wir folgen der roten Raute des Westwegs nach Bärental. Vorbei geht es am Campingplatz direkt am Seeufer, wo sich ein Zelt ans andere reiht und die kräftig rauchenden Holzkohlegrills klimaschädliche Nahrung genießbar machen…
Hier könnten wir bleiben, uns ins Campingplatzrestaurant hocken und ein Feierabendbierchen genießen. Doch Anne möchte davon nichts wissen. Also geht es bergauf zu Deutschlands höchstgelegenen DB-Bahnhof (967 m).
Als wir Bärental erreichen ist es dunkel und Zeit, die Stirnlampen einzusetzen. Mittlerweile habe ich eine Idee für unseren Biwakplatz – den Zweiseenblick. Es ist ein Aussichtspunkt (1292 m) zwischen Bärental und Feldberg, mit Sicht auf Titisee auf der einen und Schluchsee auf der anderen Seite.
Nachdem wir einmal am Abzweig in Bärental vorbeigelaufen sind, erreichen wir bald die Waldgrenze über dem Ort. Es beginnt zu tröpfeln. Mit Regen hatten wir nicht gerechnet. Es sind zum Glück nur noch 1,2 km bis zu unserem Ziel.
Um 22:45 Uhr sind wir am Ziel. Der Regen hat etwas nachgelassen. Wir bauen das Scarp auf und machen es uns auf einer Bank an der Hangkante gemütlich. Tief unter uns leuchten die Lichter des Titisee herauf. Anne hat in ihrer Thermosflasche einen Weißburgunder mitgebracht, dazu gibt es Tomaten-Mozzarella-Weckle vom Freiburger Bahnhofsbäcker. Es ist schön hier zu sitzen. Nachts sieht man die Lichter der vielen kleinen Gehöfte, die tagsüber verborgen sind. Erst als es wieder stärker regnet, suchen wir Schutz in unserer Behausung.

Heidelbeerzeit im Hochschwarzwald

Ein Morgen wie im Bilderbuch weckt uns. Die Sonne steigt am nordöstlichen Horizont auf. Da ich meine Primus-Trangia-Kocherkonstruktion testen will, bin ich mit Kaffeewasser kochen dran. Es klappt ausgezeichnet. Ein Liter Wasser sprudelt nach etwa 3 Minuten im Topf.

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Während des Morgenkaffees überlegen wir uns eine Wanderroute.

Während des Morgenkaffees überlegen wir uns eine Wanderroute. Da wir unser Ziel, das Herzogenhorn gestern aufgaben, entscheiden wir uns heute dazu, es zu besteigen. Doch weit kommen wir nicht. Links und rechts des Weges verführen uns Heidelbeeren. Wir setzen die Rucksäcke ab. Ich hole meine leeren Trinkflaschen heraus und wir beginnen zu sammeln und zu essen. Wir sind begeistert, je intensiver wir pflücken, desto voller scheinen die Büsche. Man bekommt den Eindruck, dass sie nicht weniger, sondern stetig mehr werden. Zudem sind sie ungewöhnlich groß und saftig. Es dauert keine Stunde und über 2 Liter Blaubeeren gehören uns. Wir glaubten, die Heidelbeerernte verpasst zu haben und nun diese Fülle. So hat uns das Jahr schon zum zweiten Mal überrascht: Im Juni mit einer Pilzschwemme im Pfälzerwald und heute der Blaubeersegen hier im Hochschwarzwald…

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Links und rechts des Weges verführen uns Heidelbeeren.

Erst nachdem die Behältnisse gefüllt sind, lässt unsere Begeisterung nach, so dass wir den Weg fortsetzen können. Doch immer wieder halten wir an und schieben uns ein Handvoll der süßen, saftigen Früchte in den Mund. Bald erreichen wir das Caritas-Haus Feldberg. Danach führt der Wanderweg unterhalb der Straße in Richtung Feldberg-Ort.

Dennoch bleiben wir hungrig…

Leider habe ich daheim die Tagesverpflegung liegen lassen. Aber kein Problem, denke ich, hier gibt es ja genügend Berghütten. Die erste am Weg, ist die Menzenschwander Hütte. Ein Frühstück wäre jetzt nicht schlecht, so unsere einstimmige Meinung. Außer Blaubeeren hatten wir heute noch nichts gegessen. Ein Zettel am Eingang mit der Aufschrift „Bin auf der Weide“ zeigt klar und deutlich – hier gibt es nichts!

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Die erste Hütte am Weg, ist die Menzenschwander Hütte.

Egal es gibt ja noch weitere Möglichkeiten der Einkehr.
„Sind Sie Hausgäste“ fragt uns der Typ von der Emmendinger Hütte. „Nein? Tut mir Leid die Hütte ist geschlossen.“ Wieder Fehlanzeige! Unten am Burg-Hotel stehen Leute. Auf ein Neues. „Wir haben erst ab 12 Uhr wieder auf“ so die Dame im Restaurant. Dass der Berggasthof Grafenmatt im Sommer geschlossen ist, wundert nun nicht mehr.
Hungrig laufen wir weiter und plötzlich, unvermittelt wird mir der fundamentale Unterschied zwischen Schwarzwald und Pfälzerwald bewusst: Bekomme ich im Letzteren schon um 11 Uhr meine Pfälzer-Platte, werde ich hier immer weggeschickt. Wenigstens bekommt Anne im Bundesleistungszentrum Herzogenhorn ein Eis am Stiel…
Vor uns erhebt sich der Gipfel des Herzogenhorns. Doch wir setzen nicht gleich zum Sturm an. Ein Naturlehrpfad schmiegt sich an der Ostseite des Berges. Ihm folgen wir unterhalb der Steilwand des Herzogenhorns. Im Winter kann es auf dem Pfad gefährlich werden, denn er kreuzt eine steile Rinne, die für unvorhergesehene Lawinenabgänge bekannt ist. Die Gedenktafel einer tödlich verunglückten Tourengeherin erinnert daran.

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Ein Naturlehrpfad schmiegt sich an der Ostseite des Berges.

Landschaftlich ist dieses Stück Weg ein Genuss; Wildnis pur und auch die Blaubeeren schmecken uns wieder. Doch wir müssen weiter und gelangen schließlich über den steilen Südwesthang auf den zweithöchsten Gipfel des Schwarzwaldes – 1415 m.
Bisher haben wir wenige Menschen getroffen, aber hier sind alle Bänke belegt. Dennoch: nicht freundliches Zusammenrücken scheint hier das Motto, sondern Platzhirschverhalten. So hocken wir uns aufs Gras und planen die nächsten Wanderschritte bei einem Schluck Wasser.

Feucht-fröhlicher Schluss

Ein Abstieg nach Menzenschwand und weiter bis zum Schluchsee kommt aufgrund der Weglänge nicht in Frage. Aber der Westen lockt mit einer Alternative. Vom Bernauer Kreuz führt ein Felsenweg unterhalb des Silberbergs zurück in Richtung Feldberg. Das letzte Mal als wir dort entlangliefen lag Schnee. Wir schultern unsere Rucksäcke und steigen ab.

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Wir schultern unsere Rucksäcke und steigen ab.

An einem Rastplatz im Prägbachtal, neben einer kleinen Holzhütte entdecken wir etwas, was ich bisher nur aus dem Nordschwarzwald kannte. An einem abgestorbenen Baumstamm hängt eine Art Vogelhäuschen. Darin befindet sich eine Flasche Obstler mit einem Stapel Schnapsgläser. Wir zahlen gerne einige Euro in den kleinen Spendentopf und genehmigen uns einen Schluck Kirschwasser – Prost!
Bis zum Bernauer Kreuz ist es nicht mehr weit, dagegen kommt mir der Weg bis zum Beginn des Felsenweges recht lang vor. Anne grummelt vor sich hin, da er wieder ansteigt. Dann verengt sich der Weg zusehends und schlängelt sich als Saumpfad durchs Unterholz. Tief unter uns erblicken wir Todtnau und am Horizont den Belchen, mit 1414m, dritthöchster Schwarzwaldgipfel.

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Es geht nun sprichwörtlich über Stock und Stein auf dem Felsenweg unterhalb des Silberbergs.

Es geht nun sprichwörtlich über Stock und Stein bis wir schließlich einen Forstweg erreichen, der unterhalb des Hebelhofes auf die Passstraße mündet. Der nächste Bus nach Titisee fährt in 15 Minuten, mir bleibt noch Zeit für ein „beer-to-go“.
Es war eine schöne Wanderung. Der Bus kommt pünktlich und bald sind wir am Ausgangspunkt unserer Wanderung am Bahnhof in Titisee. Und endlich gibt’s auch was zu essen…

***

p.s. Der Zug um 19:10 Uhr von Freiburg war schon der richtige, nur hätten wir bis Bärental fahren müssen, um den Anschlussbus nach Feldberg zu bekommen.

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